2016
sind komponistinnen entartet?
EntArteOpera 2016
Projekt Wien 2016
THEMENSCHWERPUNKT Verfemte und Vergessene Komponistinnen
Symposium
Sind Komponistinnen entartet?
in Kooperation mit exil.arte Wien
Symposium: 16.9. 19:30
Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien, Lehargasse 6-8, 1060 Wien
Moderation // Irene Suchy
ExpertInnen //
Dr.in Christine Rhode-Jüchtern
Prof. Werner Grünzweig - Berlin
Prof. Gerold Gruber - exil.arte Wien
Michael Haas - exil.arte Wien
Dr.in Désirée Hornek - Musikverein Wien
u.a.
Musik // Ulrike Anton und Miyuki Schüssler
sind komponistinnen entartet?
Sind Komponistinnen entartet?
Der Titel ist bewusst provokant formuliert, will aber die doppelte
Missachtung, Diffamierung und letztendlich Erstickung der
künstlerischen Arbeiten von Frauen zum Ausdruck bringen.
Der Begriff "Entartung" bezogen auf künstlerisches Schaffen
jeglichen Genres wurde zuerst von dem jüdischen Arzt und
Schriftsteller Max Nordau 1892 gegen Nietzsche, Wagner
und Zola angewandt, die Nazis haben diesen Begriff
übernommen und ihn gegen alle von ihnen als degeneriert
angesehene Kunst und Musik eingesetzt, um im Gegenzug ihre
Kunstideale zu legitimieren. Die Ausgrenzung und Verfolgung
betraf alle jüdischen Schaffenden qua "Rassengesetze", aber
auch alle, die sich bestimmten Kunstrichtungen wie Expressionismus,
Neue Sachlichkeit oder dem Dadismus verbunden fühlten.
Weiblicher Schaffensdrang wird aber nicht erst seit den Nazis als
"aus der Art schlagend" angesehen, die Vitae vieler Komponistinnen
belegen die Identitätskrisen, welche ihre Wünsche sich künstlerisch
zu artikulieren begleiten. Die Kombination Frau und Kunst ist
vielfach ein Tabu oder wird geradeweg abschätzig betrachtet.
Es ist ein gesellschaftliches und kulturpolitisches Phänomen,
welches bei diesem Symposium zur Sprache kommen wird. Im Fall
der jüdischen Komponistinnen im Dritten Reich ist der Druck
noch weit größer, so ist seit Otto Weiningers Schrift, die
nicht ohne Einfluss blieb, der Frau eine Identität (ein Ich)
vollkommen aberkannt worden, die Öffentlichkeit steht
ablehnend einer schaffenden Frau gegenüber, und schließlich
werden ihnen durch die Nazis aus rassischem Ungeist die
Persönlichkeit und die bürgerlichen Rechte geraubt.
Prof. Gerold Gruber
exil.arte
Der Verein exil.arte ist seit 10 Jahren aktiv und
fungierte als Anlauf- bzw. Schnittstelle für Rezeption, Erforschung
und Bewahrung der Werke österreichischer Komponistinnen und
Komponisten, Interpretinnen und Interpreten sowie
Musikforscherinnen und Musikforscher, die im Dritten
Reich als "entartet" galten. Erst in den letzten Jahrzehnten
fing Österreich an, sich konsequent mit diesem Thema
auseinanderzusetzen. Die Aufarbeitung der Vielfalt
dieses Kulturerbes, beispielsweise vertreten durch
die Traditionen des 19. Jahrhunderts, durch die
Operette, das Film-Chanson, das Kabarett, die
Zweite Wiener Schule, den Jugendstil, die Neue
Sachlichkeit und vieles mehr, ist ein gewaltiges
Unterfangen und kann nur mit multi-disziplinärer
sowie spartenübergreifender Unterstützung bewältigt werden.
Seit Beginn dieses Jahres wurde das exil.arte Zentrum der mdw
(Universität für Musik und darstellende Kunst)
in den Räumlichkeiten jenes Hauses gegründet
(Lothringerstr. 18, 1030 Wien), wo auch viele der
verfolgten und vertriebenen MusikerInnen und KomponistInnen
ihre Studienzeit verbrachten. Die im exil.arte Zentrum der mdw
gesammelten Manuskripte und Nachlässe sollen der Öffentlichkeit
in Ausstellungen, Konzerten, Workshops etc. präsentiert werden.
Gerold Gruber leitet das exil.arte Zentrum und Michael Haas,
der international renommierte Experte für Exilmusik und
Vizepräsident des Vereins, konnte als wissenschaftlicher
Mitarbeiter gewonnen werden.