2013
das verdächtige saxophon. "entartete musik" im ns-staat
Ausstellung: Das Verdächtige
Saxophon. "Entartete Musik" im NS-Staat
Ausstellungseröffnung am 13.9. 18:00
Musik: Peter Rohrsdorfer Saxophon, Nikolaus Wagner Klavier; Werke von Kurt Weill und Erwin Schulhoff
Einführungsvortrag von Dr. Albrecht Dümling,
Podiumsdiskussion im Anschluss an die Ausstellungsbegehung
Ausstellung während der Dauer des Brucknerfestes bis 6.10.
Öffnungszeiten Di. - So. 10:00 bis 18:00
Tabakfabrik Linz, Brucknerfest Linz 2013, in
Koproduktion mit LIVA
galerie ausstellung
Fotos zur Ausstellung "Das Verdächtige Saxophon. Entartete Musik im NS-Staat"
das verdächtige saxophon. "entartete musik" im ns-staat
Die Ausstellung wird 2013 den Geschehnissen vor
75 Jahren Rechnung tragen.
Das Verdächtige Saxophon. "Entartete Musik" im NS-Staat
stellt eine multimediale Dokumentation und Rekonstruktion dar, die
an die Düsseldorfer Ausstellung "Entartete Musik. Eine
Abrechnung" von 1938 und an das Diktat der Nationalsozialisten im
Musikleben erinnert.
das verdächtige saxophon. "entartete musik" im ns-staat
Eine kommentierte Rekonstruktion zur
Düsseldorfer Ausstellung von 1938,
zusammengestellt von Dr. Albrecht Dümling
Auf die Bücherverbrennungen von 1933 und die Vertreibung und
Inhaftierung kritischer Künstler folgte 1937 die Münchner
Ausstellung "Entartete Kunst". In der Musik ließ sich "Zersetzung"
weniger leicht feststellen. Dennoch wurde im Mai 1938 bei den
"Reichsmusiktagen" in Düsseldorf eine Ausstellung "Entartete
Musik" gezeigt. Wie die Münchner Schau stellte sie "Undeutsches"
an den Pranger und stufte jüdische Operetten- und
Schlagerkomponisten, atonale Werke und den Jazz als "artfremd"
ein.
Fünfzig Jahre später, 1988, haben Peter Girth und Albrecht Dümling
in einer kommentierten Rekonstruktion der NS-Schau an die fatale
Reglementierung des Musiklebens erinnert. Im Auftrag der Stiftung
Berliner Philharmoniker und der Tonhalle Düsseldorf entstand 2007
die Neufassung unter dem Titel "Das verdächtige Saxophon.
'Entartete Musik' im NS-Staat".
Das Plakat zur Ausstellung zeigt das Titelblatt der Broschüre von
1938: Ein schwarzer Jazzmusiker, Titelfigur der Oper "Jonny spielt
auf" von Ernst Krenek, galt dabei als Symbol von "Entartung"; der
Judenstern im Knopfloch diente zusätzlicher rassischer
Diffamierung.
Quelle: Homepage zur Ausstellung www.das-verdaechtige-saxophon.de
Dr. Albrecht Dümling
eine kommentierte rekonstruktion zur düsseldorfer ausstellung von 1938
Die NS-Ausstellung
Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, betrachteten sie dies als
den Beginn eines politischen wie kulturellen Umsturzes. Dem
Pluralismus der Weimarer Republik wollten sie ein Ende bereiten
und verfolgten deshalb so unterschiedliche Musiker wie Arnold
Schönberg, Ernst Krenek, Kurt Weill und Hanns Eisler, die als
"nichtarische" Künstler den Anforderungen der
nationalsozialistischen Rassengesetzgebung nicht genügten.
Angegriffen wurden aber auch "arische" Musiker, die - wie etwa
Paul Hindemith - engen Umgang mit Juden hatten
oder mit einer jüdischen Partnerin verheiratet waren, oder deren Musik
- wie etwa bei Igor Strawinsky - nicht dem nationalsozialistischen Kunstideal entsprach.
Die thüringische Stadt Weimar war schon vor 1933
nationalsozialistisch infiltriert gewesen. 1930 ließ Paul
Schultze-Naumburg, der neue Direktor der Kunsthochschule, Gemälde
von Bauhaus-Künstlern beseitigen. Zu weiteren prominenten Nazis in
Weimar gehörten Baldur von Schirach, Heinz Drewes und Hans Severus
Ziegler. Drewes organisierte als Leiter der Musikabteilung im
Propaganda-Ministerium die ersten "Reichsmusiktage" des neuen
Staates, die am 22. Mai 1938, dem 125sten Geburtstag Richard
Wagners, in Düsseldorf begannen. Anlässlich dieser Reichsmusiktage
eröffnete Ziegler, Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters
Weimar, die Propaganda-Ausstellung "Entartete Musik", für die er
verantwortlich zeichnete. Als Vorbild diente ihm die Ausstellung
"Entartete Kunst" (München 1937).
Die Rekonstruktion
Während die Kunstausstellung nach dem Kriege mehrfach
rekonstruiert wurde (u.a. in Berlin, München, Düsseldorf und Los
Angeles), war die Musikschau fast vergessen. Der
Musikwissenschaftler Albrecht Dümling stieß auf sie 1986/87, als
er Begleitkonzerte zur Düsseldorfer "Entartete
Kunst"-Retrospektive vorbereitete. Peter Girth, damals Intendant
der Düsseldorfer Symphoniker, regte die Rekonstruktion an.
Neben dem Rekonstruktionsversuch zeigt die neue Ausstellung die
Zerstörung des Musiklebens der Weimarer Republik und gibt, wie die
"Reichsmusiktage", einen kursorischen Überblick über das deutsche
Musikleben in den Dreißigern. Dazu gehört die "Forschung"
prominenter deutscher Musikwissenschaftler, die sich 1938 in
Düsseldorf vor allem Rasseproblemen widmeten.
Das Poster von 1988 verbindet diese Nazi-Manipulation mit der
Silhouette Anton Bruckners (nach dem berühmten Kaulbach-Porträt).
Bruckner war für die Machthaber der positive Gegenpol des
"echt-deutschen" Komponisten; einige der "Reichsparteitage" ließen
sie mit Bruckner-Symphonien enden und wählten eine Bruckner-Fanfare
als musikalisches Symbol der "Tage der deutschen Kunst
1937" in München.
Die Ausstellung wurde zu ihrem fünfzigsten Jahrestag 1988 in der
Düsseldorfer Tonhalle eröffnet. Zu ihren weiteren Stationen
gehörten allein 1988 die Wiener Festwochen, die Juni-Festwochen
Zürich sowie das 100jährige Jubiläum des Concertgebouw Orkest
Amsterdam. Verbunden mit vielen Begleitveranstaltungen kam die
Ausstellung im Winter 1989/90 ins Germanische Nationalmuseum
Nürnberg. Als Ergänzung entstand 1989/90 der Film "Verbotene
Klänge. Musik unter dem Hakenkreuz", in dem beispielsweise der
90jährige Ernst Krenek über die Hetze gegen seine Oper "Jonny
spielt auf" spricht.
Auf Einladung der Los Angeles Philharmonic Association kam es zu
einer englischsprachigen Version der Ausstellung, die im
März/April 1991 unter dem Titel "Banned by the Nazis: Entartete
Musik" im Dorothy Chandler Pavilion des Music Center Los Angeles
präsentiert wurde. Sie reiste danach nach New York (Bard Music
Festival), Boston (Brandeis University), London (Royal Festival
Hall), Barcelona (Auditori Municipal), Miami (Symphony of the
West) sowie zum Ravinia Festival Chicago.
Inzwischen existiert auch eine spanische Version der Ausstellung,
die im Oktober 2007 in der Universität Sevilla eröffnet wurde.
Quelle: Dr. Albrecht Dümling, Berlin,
Albrecht Dümling lebt als Musikwissenschaftler
und -kritiker in Berlin.
Nach dem Studium von Musik, Musikwissenschaft, Germanistik und
Publizistik promovierte er bei Carl Dahlhaus mit einer Arbeit
über Arnold Schönberg und Stefan George. Er ist Autor der auch
ins Englische und Spanische übersetzten Ausstellung "Entartete
Musik. Eine kommentierte Rekonstruktion", die weltweit in über
50 Städte reiste. Seit 1990 leitet Dümling den Förderverein
musica reanimata, der sich für NS-verfolgte Komponisten und ihre
Werke einsetzt. Für diese Aktivitäten wurde er 2007 mit dem
Europäischen Kulturpreis KAIROS ausgezeichnet. Jüngste
Buchveröffentlichungen: "Die verschwundenen Musiker. Jüdische
Flüchtlinge in Australien" (Boehlau-Verlag 2011) und
"Verweigerte Heimat. Léon Jessel (1871-1942), Komponist des
'Schwarzwaldmädel'" (Lukas-Verlag Berlin 2012)
www.duemling.de/entartete-musik